Der Videobeweis im Patentrecht – Internet-Offenbarungen als Stand der Technik –

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A. Seifert, J. Wortmann

Mitteilungen der Deutschen Patentanwälte (Mitt. 2019, 394)

Im Fußball ist der Videobeweis längst etabliert. Für die Frage, ob sich der Ball hinter der Torlinie oder ein Spieler im Abseits befunden hat, werden gespeicherte Informationen zur Tatsachenfeststellung herangezogen. Auch in Patentprüfungs-, Einspruchs- und Nichtigkeitsverfahren werden schon lange Kenntnisse aus dem Stand der Technik herangezogen, die im Internet oder in Online-Datenbanken veröffentlicht worden sind. Für den Umgang mit Internetoffenbarungen gibt es inzwischen etablierte Regeln und Grundsätze in Form von Richtlinien der Ämter und Rechtsprechung der zuständigen Spruchkörper. Aktuell ist man bei Fragen der Schutzfähigkeit oder der Rechtsbeständigkeit technischer Schutzrechte jedoch zunehmend mit Formen von Internetoffenbarungen konfrontiert, die sich erst vor kurzem entwickelt haben oder die bislang zumindest nicht routinemäßig als Stand der Technik entgegengehalten werden. Dazu zählen Websites zur Verbreitung von Videos und Fotos, Beiträge aus sozialen Netzwerke, Blogs und Diskussionsgruppen, Wiki-Seiten, etc., deren Inhalte von den Besuchern nicht nur gelesen, sondern auch direkt im Webbrowser bearbeitet und geändert werden können. Dokumente, die aus solchen Quellen stammen, gehören ebenfalls zum Stand der Technik. Unter Umständen ist es hier jedoch deutlich aufwendiger, den Veröffentlichungstag festzustellen und die Verlässlichkeit solcher Quellen in Bezug auf die Frage, was wann öffentlich zugänglich war, kann sehr unterschiedlich sein. Der Artikel beleuchtet einige wichtige Aspekte bei der Ermittlung des relevanten Zeitpunkts des Offenbarungsgehalts von Internetoffenbarungen und der damit verbundenen Beweisfragen.